Psychische Erkrankungen


Abhängigkeitserkrankungen

Abhängigkeit

Abhängigkeit (Sucht): Chronische Erkrankung, charakterisiert durch unbeherrschbares Verlangen nach bestimmten Substanzen (Alkoholabhängigkeit) oder Tätigkeiten (Spielsucht). Sie ist immer durch Kontrollverlust charakterisiert. Abhängigkeitserkrankungen kommen in allen menschlichen Kulturen vor, wenn auch die Suchtobjekte sehr verschieden sind. In Deutschland ist ein Drittel der Bürger nikotinabhängig, 2,5–3 Millionen sind alkoholabhängig, 1 Million medikamenten- und 150 000 drogenabhängig (Drogenabhängigkeit, Drogenmissbrauch). Manche Substanzen führen nur zu psychischer, andere zu psychischer und physischer Abhängigkeit. Bei der psychischen Abhängigkeit kommt es zu Missempfindungen und Angst, wenn man die Substanz nicht konsumiert. Kennzeichen der physischen Abhängigkeit ist das Auftreten von Entzugserscheinungen beim Versuch, die Substanz abzusetzen oder zu reduzieren. Abhängigkeiten werden häufig nicht erkannt, weil die Betroffenen die Symptome vor sich und anderen leugnen, verschweigen oder bagatellisieren.

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Wie entsteht Sucht? Warum entsteht Sucht? Auch wenn jeder Einzelfall anders gelagert ist: Vor allem die drei Faktoren Droge, Persönlichkeit und Umwelt sind entscheidend.

Weiterführende Informationen

  • www.suchtmittel.de – Unabhängiges, privates Informationsportal rund um Sucht und Drogen. Bietet umfangreiche Informationen mit Lexikon, Forum, interaktivem Bereich und Adressdatenbank.

Alkoholabhängigkeit

Alkoholabhängigkeit (Alkoholismus, Alkoholsucht): Neben Nikotin eine der häufigsten Abhängigkeitserkrankungen, etwa 4 % der deutschen Bevölkerung sind alkoholkrank, 70 % davon sind Männer.

Ein Alkoholmissbrauch liegt vor, wenn der Alkoholkonsum zu psychischen und körperlichen Schäden geführt hat. Eine Alkoholabhängigkeit besteht, wenn mindestens drei der folgenden sechs Kriterien erfüllt sind:

  • Craving (zwanghaftes Verlangen nach Alkohol)
  • Verminderte Kontrolle über den Alkoholkonsum
  • Anhaltender Konsum trotz negativer Auswirkungen auf Psyche, Körper oder Sozialleben
  • Vernachlässigung von Hobby, Interessen und sozialen Kontakten zugunsten des Alkohols
  • Körperliche Toleranzentwicklung gegenüber dem Alkohol
  • Entzugserscheinungen bei Alkoholverzicht.

Übermäßiger Alkoholkonsum verursacht schwere und bleibende Abhängigkeit sowie psychische und körperliche Folgeerkrankungen. Die Alkoholabhängigkeit verläuft nicht selten tödlich, 16 000 Tote sind in Deutschland jährlich zu beklagen (bei enormer Dunkelziffer), wobei die Leberzirrhose mit 9 500 Todesfällen die häufigste einzelne alkoholbedingte Todesursache ist.

Wegen des lebenslang bestehenden hohen Abhängigkeitspotenzials von Alkohol wird der langfristige und ausnahmslose Verzicht auf alkoholische Getränke und Speisen (und auch Medikamente!) propagiert. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht der Betroffene langfristige Unterstützung durch Selbsthilfegruppen und Psychotherapien. Trotzdem sind die Rückfallraten nach Entwöhnung hoch.

Leitbeschwerden

Psychische Beschwerden:

  • Kontrollverlust in Bezug auf Beginn, Beendigung und Menge des Alkoholkonsums
  • Reizbarkeit, Unruhe, Ängste
  • Halluzinationen (gelegentlich)
  • Gedanken kreisen ständig um Alkohol
  • Alkohol zum Frühstück („Morgentrunk“)
  • Alkoholvorräte sind immer in greifbarer Nähe
  • Interessenverlust und Vernachlässigung von Sozialkontakten.

Körperliche Beschwerden:

  • Morgendliches (Hände-)Zittern, Schwitzen
  • Fahruntüchtigkeit, Unkonzentriertheit
  • Unfähigkeit, Aufgaben, die ein hohes Koordinationsvermögen erfordern, zu erledigen oder krankhafte Vermeidung solcher Aktivitäten
  • Entzugserscheinungen bei Absetzen des Alkohols wie Magen-Darm-Störungen und Kreislaufstörungen, Schlafstörungen, Schwitzen, Zittern, Artikulationsstörungen
  • Wadenkrämpfe
  • Übelkeit, Appetitlosigkeit.

Die Erkrankung

Zahlreiche Faktoren spielen bei der Entstehung einer Alkoholabhängigkeit eine Rolle:

Vererbung. Die erbliche Veranlagung zum Trinken ist wissenschaftlich belegt: Nahe Verwandte von Alkoholikern haben ein vierfach erhöhtes Risiko, an Alkoholabhängigkeit zu erkranken.

Familiäre Faktoren. Oft stammen Alkoholiker aus Familien, in denen mindestens ein Mitglied Alkoholprobleme hatte oder hat, zudem finden sich häufig negative Vorbildfunktionen im Elternhaus oder in zerrütteten Familien.

Soziale Faktoren. Arbeitslose haben doppelt so häufig Alkoholprobleme wie Menschen mit Beschäftigung. Zwar ist manchmal der Arbeitsplatzverlust Folge des Alkoholmissbrauchs, doch entwickeln viele Arbeitslose (aus Frustration über ihre Lage) erst nach dem Arbeitsplatzverlust eine Alkoholabhängigkeit.

Gesellschaftliche Akzeptanz. In einem gesellschaftlichen Umfeld, in dem Alkohol als Genussmittel akzeptiert und leicht verfügbar ist, entwickeln mehr Menschen eine Alkoholabhängigkeit als in Ländern oder Kreisen, in denen Alkoholgenuss (z. B. aus religiösen Gründen) nicht üblich oder strikt auf wenige Anlässe beschränkt ist.

Je nach Patient und dessen persönlichen Bedingungen hat Alkoholabhängigkeit ein unterschiedliches Erscheinungsbild.

  • Alpha-Trinker („Konflikt- und Erleichterungstrinker“): psychisch abhängig, ist fähig zur Abstinenz, kein Kontrollverlust
  • Beta-Trinker („Gelegenheitstrinker“): ist weder körperlich noch psychisch abhängig, kein Kontrollverlust, abstinenzfähig
  • Gamma-Trinker („Süchtiger Trinker“): ist zuerst psychisch, dann physisch abhängig, Kontrollverlust, zeitweilig Fähigkeit zur Abstinenz
  • Delta-Trinker („Gewohnheits- oder Spiegeltrinker“): ist physisch abhängig, nicht abstinenzfähig
  • Epsilon-Trinker („Quartalssäufer“, "Quartalstrinker"): ist psychisch abhängig, mehrtägige Exzesse mit Kontrollverlust.

Die Entwicklung der Alkoholabhängigkeit verläuft in mehreren Phasen: Zu Beginn werden Probleme und Stress durch Alkoholkonsum erträglicher, die Alkoholverträglichkeit steigt. Wenn sich das Trinkverhalten ändert, also heimlich und alleine getrunken wird und die Gedanken vornehmlich um den Alkohol kreisen, ist die nächste Stufe zur Alkoholabhängigkeit erreicht. Die kritische Phase schließlich ist geprägt durch Kontrollverlust, körperliche Folgen wie Händezittern werden sichtbar. Die chronische Phase ist erreicht, wenn bereits am Morgen regelmäßig getrunken wird und Versuche, alkoholfreie Tage einzulegen, scheitern. Die körperlichen Folgekrankheiten durch die Leberschädigung schwächen den Betroffenen. Schließlich ist der Abhängige nicht mehr in der Lage, einen Beruf auszuüben und in einer Familie Verantwortung zu tragen. Sozialer Abstieg, Scheidung oder Einsamkeit sind meistens die Folgen.

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Alkoholabhängigkeit entsteht nicht plötzlich, sondern in einem jahrelangen, schleichenden Prozess.

Chronischer Alkoholmissbrauch führt zu schwerwiegenden Schäden der Organe:

Leber, Bauchspeicheldrüse, aber auch die Speiseröhre, das Zentrale Nervensystem sowie das Kreislaufsystem sind besonders betroffen. Auch leiden Alkoholkranke besonders an Angsterkrankungen und unter Depressionen. Zudem wird das Gehirn unflexibel: Alkoholabhängige Menschen lernen neue Zusammenhänge zwar genauso gut wie gesunde Menschen, haben aber Probleme damit, dieses Wissen auf andere, bislang unbekannte Situationen zu übertragen. Deswegen fällt es alkoholabhängigen Menschen oft schwer, ihre Erkenntnisse aus der Psychotherapie auf den Alltag zu übertragen und ihr Verhalten dauerhaft zu ändern, obwohl sie um die negativen Auswirkungen ihres Suchtverhaltens wissen.

Selbstmordgefahr! Alkoholkranke sind – insbesondere bei einem gerade zusammengebrochenen sozialen Umfeld – in hohem Maße selbstmordgefährdet. 10 % aller Alkoholabhängigen begehen Selbstmordversuche, 2 % kommen durch Selbstmord um.

Das macht der Arzt oder Therapeut

Alkoholabhängigkeit bleibt häufig unerkannt, was natürlich auch an der Tendenz der Patienten liegt, die Sucht zu bagatellisieren. Bei Beschwerden wie Nervosität, Unruhezuständen, Stimmungsschwankungen, Konzentrations- und Schlafstörungen sollte der Arzt Alkoholabhängigkeit in Betracht ziehen. Ansonsten stützt sich die Diagnose auf Trinkverhalten (Menge, Frequenz), Abhängigkeit und alkoholbedingte Körperschäden wie z. B. eine vergrößerte Leber oder eine Leberzirrhose.

Kontakt- und Motivierungsphase. Im Vordergrund steht die Kontaktaufnahme und Motivation des Patienten, z. B. durch Beratungsstellen, Ärzte, Familie, Freunde sowie durch die Frühdiagnostik. Je früher der Alkoholkranke versucht, sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen (und als ernsthaftes Problem anzuerkennen), umso besser sind die Aussichten, „trocken“ zu bleiben. Viele der entstandenen körperlichen Schädigungen wie etwa die alkoholische Fettleber bilden sich zurück, wenn abstinent gelebt wird.

Entzug und Entgiftung

Die beim Entzug und der Entgiftung auftretende schwere Entzugssymptomatik wird medikamentös behandelt. Das Entzugssyndrom beginnt meist 4–12 Stunden nach dem letzten Trinken, erreicht seine stärkste Ausprägung am zweiten Tag der Abstinenz und verschwindet nach weiteren 4–5 Tagen. Die vielfältigen Beschwerden des Betroffenen werden von Ärzten in drei Gruppen zusammengefasst:

  • Die internistischen Symptome des Entzugssyndroms mit schwerem Unwohlsein, Appetitmangel, Magenschmerzen, Durchfall, Pulsjagen, Blutdruckerhöhung, Unterzuckerung, Mundtrockenheit, Schwitzen und Juckreiz
  • Die neurologischen Symptome mit Händezittern, Sprachstörungen, Muskel- und Kopfschmerzen, Empfindungs-, Gang- und Sehstörungen, gelegentlich sogar Krampfanfällen
  • Die psychischen Symptome mit Angst, Reizbarkeit, innerer Unruhe, Schlaflosigkeit, depressiven Verstimmungen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Halluzinationen, die Gedanken kreisen oft um die Beschaffung neuen Alkohols.

Manchmal sind die Symptome so schwer, dass der Betroffene keinen klaren Gedanken mehr fassen kann, gewalttätig zu sich und anderen wird. Der Arzt spricht hier vom Delir, ein lebensbedrohlicher Verwirrtheitszustand, der eine Soforteinweisung in eine Klinik notwendig macht, denn unbehandelt kann es tödlich sein (Mehr zum Delir).

Der meist stationär durchgeführte körperliche Entzug dauert 1–2 Wochen. Da etwa 75 % der Patienten innerhalb von 3 Monaten nach der Entgiftung rückfällig werden, setzt sich zunehmend das Konzept der „qualifizierten motivierenden Entzugsbehandlung (QMET)“ durch, die neben der passiven Entgiftung auch psychotherapeutische Elemente enthält, vor allem „Motivationsarbeit“.

Entwöhnung

Normal ist eine etwa halbjährige Entwöhnung in Fachkliniken. Die Entwöhnung wird aber auch teilstationär oder ambulant durchgeführt. Neben psychotherapeutischen Verfahren kann auch hier medikamentös unterstützt werden.

Die klassische Entgiftung erfolgt zunächst mittels Clomethiazol, Carbamazepin oder Benzodiazepinen. Bei starker Entzugssymptomatik kann zusätzlich Haloperidol verordnet werden.

Nach der Entgiftung wird die Medikation auf sogenannte Alkoholaversiva umgestellt. Sie sollen das Verlangen nach Alkohol drosseln. Klassische Wirkstoffe sind Naltrexon, Acamprosat, Disulfiram und Calciumcarbid.

Seit kurzen ist das Alkoholentwöhnungsmittel Nalmefen (Selincro) auf dem Markt. Es kann auf Antrag 3 Monate von den Krankenkassen erstattet werden (in Ausnahmefällen auch 6 Monate). Es soll das unbeherrschbare Verlangen nach Alkohol (Craving) und die Häufigkeit des „Über den Durst-Trinkens“ reduzieren. Der Nutzen ist in Anbetracht häufiger Nebenwirkungen derzeit umstritten.

Nachsorge und Rehabilitation. Angestrebt wird eine langfristige Stabilisierung und der Aufbau einer beruflichen und sozialen Existenz. Hilfreich sind dabei z. B. die ambulante Betreuung durch Beratungsstellen und Selbsthilfeorganisationen oder auch Psychotherapie.

Psychotherapie. Psychotherapeutische Techniken finden sich in allen Behandlungsphasen, von anfänglicher „Motivationsarbeit“ über die stationäre Psychotherapie in der Entwöhnungsphase bis hin zur ambulanten psychotherapeutischen Weiterbehandlung. In der Entwöhnungsphase kommen in Einzel- und Gruppentherapien vor allem verhaltenstherapeutische Behandlungstechniken und Trainingsprogramme zum Einsatz. Häufig geht es dabei um das Erarbeiten von Strategien, mit deren Hilfe sich der Patient in Versuchungssituationen vor dem drohenden Rückfall schützen kann, z. B. durch das Erlernen von Selbstkontrolle, Problembewältigungsstrategien und Selbstsicherheitstrainings. Ergänzend werden Paargespräche oder Familientherapien angeboten.

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Bereitschaft zum Beginn einer Therapie derAlkoholabhängigkeit besteht bei den meisten Betroffenen leider erst, wenn das Leben fast nur noch aus Problemen und durchlebten kleineren und mittleren Katastrophen besteht. Entsprechend lang ist dann der Weg bis zur Rehabilitation. Bewährt hat sich der hier gezeigte Behandlungsablauf.

Prognose

Bei Langzeitabhängigen, die womöglich schon mehrere Entzugsbehandlungen hinter sich haben, beträgt die Rückfallquote bis zu 80 %, insbesondere dann, wenn sich an die Entgiftung keine weiterführende Therapie anschließt.

Selbsthilfe

Eine der wohl bekanntesten und ältesten Selbsthilfegruppen sind die Anonymen Alkoholiker, die 1936 in den USA gegründet wurden und heute auch in Deutschland in jeder großen Stadt vertreten sind. Die Anonymen Alkoholiker gehen davon aus, dass der „Trinker“ lebenslang süchtig und durch Alkohol gefährdet bleibt. Zudem wird postuliert, dass Alkohol stärker als die Willensanstrengung ist, man alleine davon schwer loskommt und nur Alkoholiker anderen Alkoholikern helfen können. Es werden nur Trinker, keine gesunden „Helfer“ aufgenommen. Zum Konzept gehört weiterhin das Prinzip der kleinen Schritte mithilfe eines 12-Stufen-Programms, um die Betroffenen nicht zu überfordern.

Auch kirchliche Träger und Gesundheitsämter bieten unterstützende Gruppen und Krisentelefone an sowie Vereine wie die Guttempler oder das Blaue Kreuz.

Weiterführende Informationen

  • www.anonyme-alkoholiker.de – Offizielle Website der Anonymen Alkoholiker e. V. (Deutschland, Österreich, Schweiz, Südtirol): Bietet Adressen, Informationen über die Gruppenarbeit und Angebote für Angehörige.
  • www.blaues-kreuz.de – Website des Blauen Kreuzes e. V. für Suchtkranke, Wuppertal: Informiert über Sucht, deren Prävention sowie Therapie- und Beratungsmöglichkeiten.
  • www.sucht.org – Website des Gesamtverbands für Suchtkrankenhilfe e. V., Berlin: Selbsthilfe- und Informationsangebote im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche Deutschlands.
  • www.al-anon.de – Website der Al-Anon Familiengruppen, Essen: Vermittelt Selbsthilfegruppen und Infomationen für Angehörige und Freunde von Alkoholkranken. Al-Anon ist die einzig weltweite Selbsthilfegemeinschaft für Familien und Freunde von Alkoholikern, sie besteht in Deutschland seit 30 Jahren.
  • R. Merkle: Ich höre auf, ehrlich! Ein praktischer Ratgeber für Betroffene und Angehörige. Pal-Verlag, 2006. Schwerpunkt des Ratgebers ist die Vermeidung von Rückfällen und die Veränderung von [Trink-]Gewohnheiten.
  • W. Feuerlein; F. Dittmar: Wenn Alkohol zum Problem wird. Hilfreiche Informationen für Angehörige und Betroffene. Trias, 1999. Informationen werden im Frage-Antwort-Stil vermittelt; die Autoren haben selbst jahrelang Alkoholkranke betreut.

Cannabisabhängigkeit

Cannabisabhängigkeit: Übermäßiger Konsum von Cannabis (Haschisch, Marihuana, „Gras“, „Shit“), der zu psychischen aber auch zu körperlichen Schädigungen führt. Bedrohlich sind die sozialen Folgen, während die medizinischen Folgen der Cannabisabhängigkeit meist moderat und umkehrbar sind. Völliger Kontrollverlust und sozialer Abstieg treten seltener auf als beim Alkohol oder bei harten Drogen wie Heroin.

Wirkung und Beschwerden

Der Cannabisrausch dauert 3—5 Stunden und zeichnet sich aus durch:

  • Psychische Wirkung: euphorische („high“, „breit“), aber auch unerklärlich depressive Grundstimmung, Entspannung und psychomotorische Verlangsamung, Konzentrationsstörungen, Hin- und Herspringen der Gedanken und Ideen (Ideenflucht) und gesteigerter Appetit
  • Körperliche Beschwerden: Mundtrockenheit, Bindehautrötung, Tachykardie (schnelle Herzrhythmusstörungen) Störungen der Feinmotorik und Bronchitis
  • Bei längerem regelmäßigem Konsum kann es (etwa zehn Stunden nach dem letzten Konsum) zu Cannabisentzug mit milden Entzugserscheinungen kommen wie Reizbarkeit, innere Unruhe, Schlafstörungen und Angstzustände.

Die Erkrankung

Vor allem junge Menschen, die unsicher und ängstlich sind, sich zu Hause vernachlässigt oder den Leistungsanforderungen nicht gewachsen fühlen, neigen zur Entwicklung einer Cannabisabhängigkeit. Man nimmt an, dass die euphorisierende und – nach Ende des Rauschs – dämpfende Wirkung des THC hilft, innere Spannungen und Konflikte mit der Umwelt zeitweilig auszublenden. Fast alle Cannabiskonsumenten sind auch nikotinabhängig. Cannabis ist in Deutschland die am häufigsten konsumierte illegale Droge: Über ein Viertel der 12- bis 25-Jährigen haben bereits Cannabis probiert und das durchschnittliche Einstiegsalter ist auf 16,4 Jahre gesunken. Etwa 20 % der 16- bis 19-Jährigen konsumieren regelmäßig Cannabis, davon wiederum 20 % fast täglich.

Bei steigendem Cannabiskonsum fällt Eltern als erstes ein Nachlassen der Schulleistungen auf: Motivationsverlust, Ziellosigkeit, Lern-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Passivität und allgemeine Lethargie nehmen zu. Bei dauerhaftem Konsum kann eine chronische Bronchitis entstehen, auch Krebs der Atemwege wurde schon festgestellt. Bei Männern lässt die Produktion von Spermien nach.

Nach plötzlichem Absetzen kommt es – wie auch bei anderen Drogen – zu einem Entzugssyndrom, Appetitmangel, Schwitzen, Unruhe, Schlafstörungen sowie psychischen Beschwerden. Etwa 1 % der Cannabiskonsumenten leidet unter vorübergehenden psychotischen Symptomen wie Wahn oder Halluzinationen im Sinn einer akuten organischen Psychose. Hieraus kann sich eine Cannabispsychose entwickeln, die einer Schizophrenie sehr ähnlich ist.

Cannabis-Hyperemesis-Syndrom. Kommt es nach jahrelangem beschwerdefreiem Cannabiskonsum widerholt zu cannabisinduzierter Übelkeit und Erbrechen, sprechen Mediziner vom Cannabis-Hyperemesis-Syndrom. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind unklar, vermutet werden Veränderungen im Zentralnervensystem infolge des jahrelangen Konsums. Die Frühphase ist gekennzeichnet durch leichte Bauch- oder Magenschmerzen sowie morgendliches Erbrechen. Diese Phase kann über Jahre andauern. Ist das Cannabis-Hyperemesis-Syndrom voll entwickelt, kommt es zu 30 bis 40 Brechattacken innerhalb weniger Tage. Die Folge sind Austrocknung, Elektrolytstörungen und Gewichtsverlust. In schweren Fällen droht Nierenversagen. Antiemetika (Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen) sind wirkungslos oder verstärken sogar die Beschwerden. Einzige nachhaltige Maßnahme ist die Abstinenz. Heißes Duschen lindert die Beschwerden vorübergehend. Der Wirkmechanismus ist unklar.

Das macht der Arzt oder Therapeut

Nur bei schwerer Cannabisabhängigkeit (hoch dosierter Langzeitkonsum) ist ein stationärer Entzug – ähnlich wie beim Alkoholmissbrauch – erforderlich. Meist genügt eine ambulante psychotherapeutische Behandlung bei einem dafür spezialisierten Therapeuten. Dies gilt nicht bei Jugendlichen, die immer stationär behandelt werden müssen.

Unterstützung durch Angehörige

Wenn Eltern den Verdacht haben, dass ihr Kind Cannabis konsumiert, sollten sie das Problem offen ansprechen. Da THC im Urin, aber auch in den Haaren nachweisbar ist, schafft eine Laboruntersuchung beim Hausarzt schnell Klarheit. Vor allem aber hilft es dem Konsumenten, mit den Eltern oder einer anderen Vertrauensperson darüber zu sprechen, was ihn belastet und was schiefläuft in seinem Leben. Alternativ können Eltern auch darauf drängen, dass ihr Kind sich an eine Beratungsstelle wendet. Die meisten Drogenberatungsstellen sind als offene Angebote konzipiert, wo die Betroffenen anonym bleiben können.

Weiterführende Informationen

  • www.drugcom.de – Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA, Köln): Kostenfreie und der Schweigepflicht unterliegende persönliche Beratung. Mit Link zu Quit the Shit, einem Ausstiegsprogramm für Jugendliche und junge Erwachsene mit anonymen Informations- und Beratungsmöglichkeiten.
  • L. Lindberg; C. Haasen: Wenn Cannabis der Seele schadet. Hilfe bei Sucht und psychischen Störungen. Walter, 2005. Die Autoren stellen den Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und psychischen Erkrankungen dar, zeigen die Gefahren an Fallbeispielen auf.
  • A. Barth: Breit. Mein Leben als Kiffer. Rowohlt Taschenbuch, 2005. Der 20-jährige Autor hat vier Jahre lang keinen Tag ohne Kiffen verbracht. Er beschreibt seinen allmählichen Absturz und den Verlust seiner Jugend.

Nikotinabhängigkeit

Nikotinabhängigkeit: Abhängigkeit von dem im Tabak enthaltenen Nikotin und anderen Tabakinhaltsstoffen durch das Rauchen von Zigaretten, Pfeifen, Zigarren und den Konsum von Schnupftabak. In Deutschland sind etwa 33 % der Erwachsenen im Alter von 18 bis 59 Jahren nikotinsüchtig, Männer etwas häufiger als Frauen. Die jahrelange Inhalation von Tabakrauch führt zu schweren organischen Schäden der Lunge (COPD), des Herzens (koronare Herzkrankheit) und vieler weiterer lebenswichtiger Organe bis hin zu Impotenz und Raucherbein. Jährlich sterben zehntausende, oft jüngere Raucher an Lungen-, Kehlkopf-, Speiseröhren-, Magen- und Nierenkrebs. Eine umfassende Studie belegt, dass bei Harnblasenkrebs sogar 50 Prozent der Fälle auf das Rauchen zurückzuführen sind.

Laut Statistik sterben in Deutschland jährlich 110 000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Damit ist Nikotin mit Abstand das „tödlichste“ Suchtmittel: 22 % aller Todesfälle bei Männern und 5 % aller Todesfälle bei Frauen werden durch das Rauchen verursacht.

Weniger im öffentlichen Bewusstsein verankert sind die „weichen“ Schäden des Rauchens. Darunter versteht man die starke Erhöhung der Infektanfälligkeit von Kindern, die in Raucherfamilien aufwachsen, die unwiderruflich verminderte Leistungsfähigkeit des Gehirns sowie die starke Einschränkung der Lungenfunktion.

Der Tabakkonsum hat auch negativen Einfluss auf die Spermaqualität, Fertilität, den Verlauf einer Schwangerschaft und das Ungeborene selbst. Im Sperma nimmt durch Tabakkonsum die Konzentration, die Gesamtzahl und die Beweglichkeit der Spermien ab. Dies geschieht, weil das Nikotindie Funktion der Nebenhoden, Bläschendrüsen und Prostata beeinträchtigt und so auch die Menge des des Ejakulats sinkt. Auch verändern sich die Zusammensetzung des Ejakulatplasmas und die DNA der menschlichen Spermien. In der Folge sind die Spermien für eine Befruchtung nicht mehr geeignet. Die betroffenen Männer sind zeugungsunfähig.

Rauchen in der Schwangerschaft erhöht das Risiko für eine Fehlgeburt, ein geringeres Geburtsgewicht des Kindes sowie den plötzlichen Kindstod.

Leitbeschwerden

  • Starker Zwang, Tabak zu konsumieren
  • Die tägliche Zigarettenmenge kann nur innerhalb einer schmalen Bandbreite reduziert werden
  • Kontinuierliche Steigerung des Tabakkonsums (Toleranzentwicklung)
  • Weiterrauchen, selbst wenn sich bereits negative gesundheitliche Folgen eingestellt haben.

Beim Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören, Entzugsbeschwerden wie:

  • Reizbarkeit, Unruhe und Nervosität
  • Verminderte Konzentrationsfähigkeit
  • Verlangsamter Puls
  • Depressive Stimmung
  • Schlafstörungen
  • Appetit- und Gewichtszunahme.

Die Erkrankung

Nikotin setzt im Gehirn Botenstoffe wie Serotonin, Noradrenalin und Endorphine frei, die nicht nur Aufmerksamkeit und Wachheit verstärken, sondern auch die Stimmung aufhellen, Ängste lösen und das Hungergefühl dämpfen. Beim Rauchen entstehen also positive Gefühle – und genau das ist der Grund für das hohe Suchtpotenzial von Nikotin.

Sinkt der Nikotinspiegel im Blut nach dem Rauchen wieder ab – bei Nikotinabhängigen geschieht dies bereits nach wenigen Minuten – kommt es zu Entzugserscheinungen, die sich durch heftiges Verlangen nach der nächsten Zigarette äußern. Wird erneut geraucht, springt das „Belohnungssystem“ wieder an, Unruhe und Nervosität lassen schlagartig nach. Somit verstärkt jede Zigarette die Sucht und mit jeder weiteren Zigarette fällt es schwerer, mit dem Rauchen aufzuhören.

Die Entzugssymptome erreichen in den Stunden nach der „letzten“ Zigarette einen Höhepunkt und halten dann einige Tage an. Nach 7–10 Tagen lassen die meisten Beschwerden bereits deutlich nach, können jedoch in abgeschwächter Form teilweise noch Wochen bis Monate spürbar sein.

Das macht der Arzt oder Therapeut

Umfragen zufolge würden 80 % der Nikotinabhängigen sofort das Rauchen aufgeben, wenn sie die quälenden Entzugserscheinungen besser aushalten könnten. Es ist also nicht einfach, mit dem Rauchen aufzuhören, aber Millionen von Ex-Rauchern haben bewiesen, dass es möglich ist. Moderne Entwöhnungstherapien berücksichtigen körperliche und psychische Muster der Sucht. Ansprechpartner für eine Entwöhnungstherapie ist der Hausarzt. Die Entwöhnungstherapie verläuft in folgenden Phasen:

Motivierung und Vorbereitung. Arzt und Raucher erarbeiten im Gespräch, welche persönlichen Gründe für das Rauchen und welche Gründe für das Nichtrauchen bestehen. Idealerweise sollte der Arzt jeden Patienten routinemäßig nach seinem Nikotinkonsum befragen, beurteilen, ob der Patient bereit zum Entzug ist und ihn dabei z. B. durch Nikotinersatztherapien begleiten.

E-Zigaretten. Ein Teil der Nikotinabhängigen profitiert von E-Zigaretten. Ob man zu diesem Teil der Raucher gehört, müssen Betroffene selbst herausfinden. Die Liquids, die mittels E-Zigaretten verdampft und inhaliert werden, können mit Nikotin angereichert werden. Sie sind an Personen ab 18 Jahren frei verkäuflich. Da sich somit die Nikotinmenge nach und nach reduzieren lässt, ist eine Nikotinentwöhnung möglich. Eventuelle Risiken durch das Einatmen der verdampften Liquids sind nicht restlos erforscht. Viele Experten gehen davon aus, dass die Giftigkeit konventioneller Zigaretten die der verdampften Liquids bei weitem übertrifft. Der Vorteil der E-Zigaretten liegt darin, dass weder Teer noch Kondensat inhaliert werden muss, da der Verbrennungsprozess des Tabaks wegfällt. Laut der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA können Nichtraucher durch den E-Zigarettendampf vor allem Atemwegsprobleme entwickeln sowie Augenreizungen, Halsschmerzen, Übelkeit oder Kopfweh. Ob die Inhaltsstoffe der Liquids krebsfördernd sind, ist umstritten.

Nikotinersatztherapie. Bei der Nikotinersatztherapie wird der Körper zuerst in der Entzugsphase durch frei dosierbare, dann über fest dosierte Nikotinpflaster oder Nikotinkaugummis (z. B. Nicotinell®), Nikotinnasensprays oder Nikotinlutschtabletten (z. B. Nicorette®), weiter mit Nikotin versorgt. So durchbricht der Raucher zunächst einmal den zwanghaften Griff zur Zigarette. Mit dem Nasenspray, das über die Nasenschleimhaut aufgenommen wird, wird das Nikotin sehr rasch und hoch dosiert zugeführt. Aus diesem Grund ist dieses Präparat für Raucher mit hohem Nikotinkonsum vor allem im Anfangsstadium der Entwöhnung geeignet. Nikotinlutschtabletten setzen im Gegensatz zu Nikotinkaugummis mehr Nikotin frei, beide sind für so genannte Spiegelraucher geeignet, die durch ihr Rauchverhalten stets für einen konstanten Nikotinspiegel sorgen. Schließlich sollte der Nikotinkaugummi Schritt für Schritt durch Nikotinpflaster ersetzt werden, da auch der Kaugummi abhängig macht – die Pflaster jedoch nicht. Für alle Präparate gilt: Über einen Zeitraum von acht bis zwölf Wochen wird das auf diese Weise zugeführte Nikotin langsam reduziert und schließlich ganz abgesetzt. Der Raucher steigt in diesem Zeitraum auch aus der psychischen Abhängigkeit aus, die vor allem mit den Ritualen des Rauchens zu tun hat. Anstatt sich an der Zigarette festzuhalten oder in typischen Situationen – etwa bei der Tasse Kaffee oder in Stresssituationen – zu rauchen, lernt er andere, für ihn passende Strategien. Ein Problem ist aber, dass viele Betroffene zumindest zunächst auf unpassende Strategien ausweichen, wie z. B. ständig zu essen.

Seit April 2000 ist das Medikament Zyban® mit dem Wirkstoff Bupropion zur Nikotinersatztherapie erhältlich. Es ahmt die Wirkung von Nikotin nach. Nach dem gleichen Prinzip wirkt Champix® mit dem Wirkstoff Vareniclin. Früher als Antidepressiva bekannt, wurde die Wirkung von Bupropion zur Entwöhnungstherapie erst später und eher zufällig entdeckt. Was den Nutzen betrifft, schnitt Vareniclin in der aktuellen EAGLES-Studie am besten ab: Mit Vareniclin waren demzufolge sechs Monate nach Behandlungsende noch etwa 25 von 100 Anwendern rauchabstinent, mit Bupropion ca.19, mit Nikotinpflastern etwa 18 und mit Placebo rund 10. Da Bupropion  und Vareniclin aber auch schwere Nebenwirkungen wie Krampfanfälle, Verhaltensstörungen, Depressionen und erhöhtes Suizidrisiko auslösen können, müssen Arzt und Patient Risiko und Nutzen sorgsam abwägen. Vareniclin kann zudem das Herz gefährden.

Raucherentwöhnung. Nichtraucherkurse auf verhaltenstherapeutischer Basis weisen die höchsten Erfolgsquoten unter den Methoden für Raucherentwöhnung auf. Laut Max-Planck-Institut beträgt die Erfolgsrate nach einem Jahr etwa 50 %. Verhaltenstherapeutische Behandlungstechniken bieten sich besonders für starke Raucher an, bei denen schon zahlreiche Entwöhnungsversuche fehlgeschlagen sind. Ziel der Therapie ist es, klassischen Verführungssituationen zu widerstehen und Schlüsselreize wie Kaffee und Alkohol zu kontrollieren. Die Therapie dauert etwa zehn Wochen und ist gekennzeichnet durch:

  • Schrittweises Heranführen an die Rauchfreiheit
  • Bewusste Veränderung des bisherigen Raucherverhaltens
  • Erlernen alternativer Verhaltensmuster zur Selbstkontrolle
  • Erlernen von Abwehrstrategien bei drohendem Rückfall

Auch Akupunktur und Hypnose werden zur Raucherentwöhnung eingesetzt, allerdings mit fragwürdigem Effekt. Bei der Akupunktur wird durch Einstiche ins Ohrläppchen versucht, den Zigaretten ihren „Geschmack“ zu nehmen. Außerdem soll sie Nebenwirkungen des Rauchstopps abfangen. Bei der Hypnose wirkt der Therapeut auf das Unterbewusstsein des Rauchers ein. Im ersten Schritt wird unter Hypnose das Rauchen mit unangenehmen Vorstellungen assoziiert, im zweiten Schritt das Nichtrauchen mit positiven Gefühlen in Verbindung gebracht.

Ein populäres Verfahren, das auch von der Weltgesundheitsorganisation unterstützt wird, ist die Easyway®-Methode des Trainers und Buchautors Allen Carr. Allen Carr setzt in seinen Büchern und Kursen auf die Kraft der Überzeugung und fördert schrittweise die Einsicht, mit dem Rauchen aufzuhören.

Erhaltungsphase. Nach der Raucherentwöhnung sollte sich der Ex-Raucher eine Zeitlang vor der immer noch anhaltenden Verführung zum Rauchen schützen und allen nicht rauchfreien Veranstaltungen und Einladungen fernbleiben. Schon eine einzige Zigarette kann den erneuten Rückfall in die Nikotinsucht auslösen.

Prognose

Bei ärztlich oder psychologisch begleiteten Entwöhnungskuren liegen die Erfolge bei etwa 25 %. Raucher, die es völlig auf eigene Faust versuchen, verzeichnen dagegen eine Erfolgsquote von nur etwa 10 %. Auch für Akupunktur und Hypnose wurden in Studien keine besseren Ergebnisse festgestellt. Diese insgesamt eher schlecht erscheinenden Prognosen zeigen ganz deutlich: Um die Nikotinabhängigkeit erfolgreich und auf Dauer zu besiegen, bedarf es in der Regel mehrerer Anläufe. Ein gescheiterter Versuch sollte auf keinen Fall entmutigen. Entscheidend ist, sich selbst immer wieder zum Aufhören zu motivieren – immerhin schaffen es die meisten nach durchschnittlich 3–4 ernsthaften Anläufen.

Selbsthilfe

Raucher sollten versuchen, aus Misserfolgen zu lernen: Worin bestanden die Auslöser für den Rückfall, wie können diese künftig vermieden werden? Auf keinen Fall sollte man aber nach einem Rückfall unnötig Zeit verstreichen lassen. Viele Raucher machen den Fehler, sich nach einem gescheiterten Entwöhnungsversuch wieder voll dem Rauchen hinzugeben. Bis zum nächsten Einstieg in den Ausstieg vergehen Monate, wenn nicht Jahre – mit erheblichen gesundheitlichen Schäden. Das Ziel des Aufhörens sollte also konsequent verfolgt werden. Selbst wenn es erst mit dem zehnten Anlauf klappt: besser spät als nie.

Weiterführende Informationen

  • www.medizin.uni-tuebingen.de – Website der Uniklinik Tübingen, Stichwortsuche Arbeitskreis Raucherentwöhnung: Hier finden Sie Literatur- und Broschürentipps sowie Programme zum Beenden der Nikotinsucht.
  • www.rauchfrei.de – Private Website von W. Graef, Regensburg: Ist Nichtraucher- und Nichtraucher-werden-Portal in einem. Mit Nichtraucherkurs-Verzeichnis, persönlichen Erfahrungsberichten von Rauchfreien, Nichtraucherforum, Nikotinsuchttest und Rauchkostenrechner. Sehr empfehlenswert.
  • www.rauchfrei-info.de – Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln: Die „rauchfrei“-Kampagne ist darauf ausgerichtet, den Einstieg ins Rauchen zu verhindern, vor Passivrauchen zu schützen und Raucher beim Aufhören zu unterstützen. Hier gibt es auch ein Online-Programm mit Rückmeldung per E-Mail, das beim Abgewöhnen vom Rauchen helfen soll.
  • Die Broschüren Aufatmen. Erfolgreich zum Nichtraucher und Hirnverbrannt. Jugendliche und Rauchen können kostenlos bei der Deutschen Krebshilfe e. V., Bonn unter www.krebshilfe.de als PDF heruntergeladen werden. (Verwenden Sie die Broschürentitel als Suchbegriff.)
  • A. Carr: Endlich Nichtraucher! Goldmann, 1992. Der Klassiker unter den Ausstiegsbüchern. Carr war selbst Kettenraucher. Die Lektüre des Buches verschafft ein Aha-Erlebnis, wie nutzlos und unsinnig das Rauchen ist.
  • A. Batra (Hrsg.): Nichtraucher in 6 Wochen. Preuß, 1997. Verhaltenstherapeutisch fundiertes Selbsthilfeprogramm für alle, die das Rauchen aufgeben wollen.

Spielsucht

Spielsucht (pathologisches Glücksspiel): Dem zwanghaften Bedürfnis zu spielen, meist Glücksspiele am Automaten, kann nicht widerstanden werden, selbst wenn Familie und Beruf sowie die eigene Person ruiniert werden. Schätzungsweise ist 1 % der Bevölkerung davon betroffen. Ähnlich wie beim (krankhaften) Drogenkonsum steht der mit dem Spiel verbundene „Kick“ im Vordergrund, während die Aussicht auf finanziellen Gewinn oder Spaß an derartiger Freizeitgestaltung kaum eine Rolle spielen.

Davon abzugrenzen ist das gewohnheitsmäßige Spielen. Diese Spieler schränken ihre Aktivität ein, wenn die finanziellen Verluste zu groß werden.

Eine neue Form der Spielsucht ist die Internet-, Computer- oder Onlinesucht. Die Beschwerden und auch die Therapieprinzipien entsprechen denen der Spielsucht.

Gekennzeichnet ist die Internetsucht dadurch, dass der Versuchung, im Internet zu surfen, nicht widerstanden werden kann. Der Alltag wird durch den Computer geprägt, es kommt – wie bei anderen Suchterkrankungen auch – zu Kontrollverlust, Entzugserscheinungen, sozialer Isolation, Verschuldung oder dem Verlust des Arbeitsplatzes.

Leitbeschwerden

  • Steigerung der Spieleinsätze und Spielhäufigkeit
  • Unfähigkeit zur Abstinenz, erhöhte Reizbarkeit und Ruhelosigkeit, wenn nicht gespielt werden kann
  • Schuldgefühle mit Verbergungstendenz
  • Rückzug aus dem sozialen Leben, finanzielle Probleme.

Die Erkrankung

In spielfreien Phasen steigt die Anspannung bei den Betroffenen, bis sie diese im Spiel wieder abbauen können. Nach dem Spiel werden sie in der Regel dann von Schuld- oder Reuegefühlen beherrscht.

Die Spielsucht hat die Tendenz zu Folgeproblemen und -krankheiten: Neben finanziellen Schwierigkeiten oder Partnerschaftskonflikten kommt es im Verlauf der Spielsucht häufig auch zur Abhängigkeit von anderen Substanzen wie Alkohol oder Medikamenten oder zu Selbstmordversuchen.

Das macht der Arzt oder Therapeut

Hauptsächlich kommen verhaltenstherapeutische Verfahren zur Stärkung der Selbstkontrolle zum Einsatz. Eine Alternative ist die kognitive Verhaltenstherapie oder die systemische Therapie. Hilfreich sind Beratungsgespräche über den Umgang mit dem Spieldruck, den eventuellen Schulden oder Partnerschaftskonflikten sowie über eine alternative Freizeitgestaltung oder die Notwendigkeit professioneller Hilfe.

In schweren Fällen können Psychopharmaka zur Verbesserung der Impulskontrolle (z.B. SSRIs, Lithium) und Linderung der depressiven Symptomatik verordnet werden.

Weiterführende Informationen

  • www.caritas.erzbistum-koeln.de/neuss_cv/sucht_hilfe/gluecksspiel/angebot/therapie.html – Fachstelle Glückspiel des Caritasverbands e. V. für Therapie, Neuss: Mit Online-Hilfe und Angeboten zu kostenlosen Beratungsgesprächen.
  • www.anonyme-spieler.org – Organisation der Anonymen Spieler (GA) Interessensgemeinschaft e. V., Hamburg (analog zu den Anonymen Alkoholikern): Mit Literaturtipps und regionalen Kontaktstellen.
  • www.blaues-kreuz.org/spieler.htm – Website des Bundesverbands der Evangelischen Kirche, Essen: Bietet Adressen von Beratungs- und Behandlungsstellen.
  • www.onlinesucht.de – Website des HSO 2007 e. V. (Verein zur Selbsthilfe für Online-Süchtige), Buxtehude: Betrieben von G. Farke, ehemalige Betroffene und Mitbegründerin des Vereins. Bietet u. a. Informationsbroschüren zum Bestellen.
  • G. Meyer; M. Bachmann: Spielsucht. Ursachen und Therapie. Springer, 2005. Anhand von Fallbeispielen werden Therapieschritte beschrieben, enthalten sind auch die Themen Internet-/Onlinespiele, TV- und Telefonspiele sowie ein ausführliches Therapiemanual.

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